Esoterik


Esoterik

Die Esoterik gibt es so wenig wie die Religion oder die Philosophie. Unter dem Begriff Esoterik werden jede Menge von Praktiken, Techniken und »Denk«richtungen zusammengefasst, die zum Teil nur lose verbunden sind oder sich zum Teil widersprechen. Die Reichweite geht von dummerhaftigsten Aussagen (»Drei Millionen Reichsdeutsche harren seit Ende des 2. Weltkrieges unter der Erde aus«) bis zu Aussagen, die sich im Grenzbereich zur metaphysischen Philosophie befinden. (Annahmen eines unpersönlichen Gottes als Ursprung der Welt, siehe Pantheismus.) Bei aller Verschiedenheit haben alle esoterischen Lehren aber eines gemeinsam: Sie sind weder empirisch noch rational überprüfbar, werden aber mit Absolutheitsanspruch vertreten.

Esoteriker behaupten häufig auf grund übernatürlicher Fähigkeiten – die entweder nur sie besitzen oder die andere Menschen auch erlernen können – Zugang zu geheimen Wirklichkeitsbereichen zu haben, die unter normalen Umständen den Sinnen und dem Verstand nicht zugänglich seien. (Sehen Sie als Beispiel Rudolf Steiner.)

In der Regel zeichnen sich esoterische Auffassungen dadurch aus, dass versucht wird, über die materielle Welt und über das praktische tägliche Leben hinaus auf das Geistige, Seelische des Menschen und der Welt insgesamt hinzuweisen. Die Naturwissenschaften, aber auch die traditionellen Religionen werden als zu eng angesehen, um dieses Geistige, Seelische des Menschen und der Welt zu begreifen und die Welt vollständig zu erklären.

In der Esoterik drückt sich das Sehnen vieler Menschen nach etwas Geheimnisvollen, die materielle Welt übersteigendes, hinter ihr Liegendes aus. Esoterisch werden die Menschen, in denen dieses Sehnen überdurchschnittlich stark ausgeprägt ist, die aber nicht mit einer bestimmten Religion fest verbunden sind, und die die intellektuelle Kraft zum systematischen, methodischen und kritischen Philosophieren nicht aufbringen, bzw. nie damit in Berührung kamen, nie eine entsprechende Ausbildung erhielten.

Zur Esoterik gehören u. a. Anthroposophie, Astrologie, Gnostizismus (bzw. moderne Formen davon),  Kabbalismus, New Age, Okkultismus, Spiritismus,  Yoga, weitere aus (fern)östlichen Philosophien und Religionen entlehnte Praktiken und Glaubensfrakmente (z. B. der Glaube an die Wiedergeburt) und weitere Formen des sogenannten Aberglaubens.

Die esoterischen Lehren gleichen in der Regel Mythen, wie sie auch in den Religionen vorhanden sind. Es sind einfache, dem Fassungsvermögen der großen Mehrheit der Bevölkerung angepasste, märchenhafte Seinsdeutungen und Voraussagen, was mit dem Menschen bzw. seiner Seele in Zukunft passieren wird z. T. auch Aussagen darüber, was mit der Seele in der Vergangenheit schon passiert ist.

Die Grenze zwischen Religion und Esoterik ist fließend. Wenn man für eine bestimmte esoterische Lehre genügend Anhänger findet, wird daraus eine Religion. So ist der Unterschied zwischen Esoterik und Religion in der Regel der, dass religiöse Lehren eine erheblich größere Anhängerschaft haben, als die esoterischen Lehren. Dazu kommt, dass Religion der staatlich anerkannte, geförderte Glaube, Esoterik dagegen der staatlich nicht anerkannte, nicht geförderte Glaube ist. (Wie bei  Hobbes.)

Mit aller Vorsicht könnte man sagen, viele Arten von Esoterik sind bereits ein ganz kleiner Schritt über Aberglaube und Okkultismus hinaus. Es wird schon in größerem Umfang schriftlich formuliert, geht schon in Richtung Mythos. Ist von Philosophie und Wissenschaft aber noch weit entfernt, qualitativ verschieden.

Unter philosophisch gebildeten und denkenden Menschen findet man in der Regel keine Esoteriker, da Philosophie eine höhere Form des Herangehens an das Sein ist. [1] Viele Tatbestände, Erscheinungen, Erlebnisse, Ereignisse (oder welche Wörter man dafür auch immer benutzen mag), die in vielen philosophischen Theorien diskutiert, problematisiert werden, werden in der Esoterik unreflektiert benutzt. (Z. B. Gott, Seele, Ich, Welt, Sein, Raum, Zeit.)


Zitate zu Esoterik

Frei nach dem Kabarettisten Vince Ebert: »Wie unterscheidet man Wissenschaft, Religion und Esoterik? Wissenschaft ist die Überprüfung von Hypothesen. Wenn jemand sagt, ›ich glaube im Kühlschrank ist Bier‹, zum Kühlschrank hingeht und nachkuckt, ob da welches drin ist, dann ist das Wissenschaft. In der Religion werden Behauptungen nicht überprüft. Da heißt es einfach: ›Im Kühlschrank ist Bier!‹ Wenn nun jemand sagt, ›ich glaube im Kühlschrank ist Bier‹, hingeht, nachkuckt, keins vorfindet, aber weiterhin glaubt, dass da Bier drin ist, das ist dann Esoterik.«


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Anmerkungen

Anm. 1: Die Grenze zwischen Philosophie und Esoterik kann fließend sein. Manch  materialistischer oder positivistischer Philosoph wird manchen metaphysischen Philosophen zur Esoterik zählen, z. B. Schelling und die mit ihm verbundene Mystiker. – Zurück zum Text


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