George Berkeley


George Berkeley

George Berkeley (1685–1753) war ein irischer Theologe und Philosoph. (In der Literatur wird er bzw. sein Werk oft der englischen Philosophie zugerechnet.) Seit 1734 Bischof von Cloyne. Berkeley ist besonders als Erkenntnistheoretiker bedeutend, wo er in der Entwicklung zwischen Locke und Hume steht.

Berkeley führte die erkenntnistheoretischen Überlegungen Lockes fort und kam zu dem Ergebnis, dass sie in zwei Punkten nicht schlüssig seien:

  1. Die sinnlich wahrnehmbaren Qualitäten des Sehens, Riechens, Hörens und Schmeckens hatte Locke als subjektiv angesehen, die mit dem Tastsinn wahrgenommenen Qualitäten, wie Ausdehnung, Festigkeit und Bewegung, aber als objektiv existierende Eigenschaften betrachtet.
  2. Die zusammengesetzten Ideen wurden von Locke als subjektiv gebildet angesehen, die Substanz aber als unabhängig von den Gedanken angenommen.

Berkeley meinte, diese beiden Inkonsequenzen beseitigt zu haben und behauptete, dass alles, was wir wahrnehmen, nur Phänomene unseres Bewusstseins seien. Ein Ding sei überhaupt nichts anderes als eine konstante Summe von Empfindungen im Bewusstsein.


Esse est percipi


(Später sagte Schopenhauer: »Die Welt ist meine Vorstellung«.)

Die Auffassung, dass nur der Geist und seine Ideen eine tatsächliche Existenz haben, dass es außerhalb des Geistes keine materielle Welt gebe, ist konsequenter  Idealismus. (Berkeley selbst spricht von »Immaterialismus« = Materielosigkeit.) [Berkeley ist aber nicht – wie ich im Internet bereits gelesen habe – der Begründer des Idealismus, sondern einer der Vertreter des Idealismus. Als Begründer des Idealismus kann man am ehesten Platon ansehen, was aber auch nicht ganz stimmt, da Platon auf Gedanken aufbaute, die vor ihm schon da waren, z. B. die der Vorsokratiker.]

Unterschied TraumWirklichkeit: Wenn alles nur im Geiste existiere, worin bestehe dann der Unterschied zwischen der wirklichen Sonne, der nachts geträumten Sonne und einer Sonne, die ich mir nur in Gedanken vorstelle? Berkeleys Antwort: Die wirklich gesehene Sonne werde von allen subjektiven Geistern in gleicher Weise wahrgenommen. Die geträumte Sonne sei nur in meinem Geist vorhanden und die vorgestellte Sonne sei nur in meinem Geist vorhanden, wenn ich es wolle.

Materie erzeuge keine Ideen: Dass die wirkliche Sonne sich allen Geistern in gleicher Weise aufzwinge, läge aber nicht daran, dass es eine unabhängig vom Geist existierende materielle Sonne gebe. Eine materielle Sonne könne überhaupt keine Bewusstseinsinhalte erzeugen, weil man nur das geben könne, was man selber habe.

Gott: Die wirklich gesehene Sonne zwinge sich allen Geistern in gleicher Weise auf, weil es einen Gott gebe, der Bewusstsein sei und der [als oberster Geist] allen anderen [niederen Geistern] diese Sonnenvorstellung in gleicher Weise eingebe.

Dinge außerhalb des Geistes: Deshalb bliebe die wirkliche Sonne auch dann bestehen, wenn ich sie gerade nicht sehe. Sie bestehe dann in den Geistern anderer. [Und wenn keiner die Sonne sieht? Dann bleibt sie als göttliche Idee bestehen. Aber dann ist man schon fast bei  Platon.] Die Sonne und andere Gegenstände könne man deshalb als Dinge außerhalb von uns bezeichnen. [Es kommt ganz darauf an, wie man es gerade betrachtet oder beurteilt. Es ist nur dialektisch begreifbar. Aber zur Dialektik war Berkeley noch nicht gelangt.]

Naturgesetze seien die Regeln, nach denen Gott die Ideen in allen Geistern verknüpfe. Diese Gesetze könnten wir aber, da Gottes Denken hoch über uns stehe und wir es nicht begreifen könnten, nur durch Erfahrung kennenlernen, also nicht durch rationales oder logisches Denken. Hier verband sich Berkeleys Idealismus mit dem in seinem Umfeld herrschenden Empirismus.

Die Vertreter des Radikalen Konstruktivismus sehen in Berkeley einen ihrer Vorläufer.


Zitate von Berkeley

»Esse est percipi!.« (Sein ist wahrgenommen werden!)

»Es ist klar, dass nichts offenbarer für jeden, der des geringsten Nachdenkens fähig ist, sein kann, als die Existenz Gottes oder eines Geistes, der unseren Geistern innerlich gegenwärtig ist, indem er in ihnen alle jene Mannigfaltigkeit von Ideen und Sinneswahrnehmungen hervorruft, die uns beständig affizieren, eines Geistes, von dem wir absolut und gänzlich abhängig sind, kurz, ›in dem wir leben, weben und sind‹.« [Das ist eine pantheistische Aussage!]

»Dass die Dinge, die ich mit meinen Augen sehe und mit meinen Händen betaste, existieren, wirklich existieren, bezweifele ich nicht im mindesten. Das einzige, dessen Existenz wir in Abrede stellen, ist das, was die Philosophen Materie oder körperliche Substanz nennen.«

»Wenige Menschen können denken, aber alle wollen eine Meinung haben.«

»Erst wirbeln wir den Staub auf und behaupten dann, dass wir nichts sehen können.«

»Alte und eingewurzelte Vorurteile erlangen oft die Geltung von Prinzipien und gelten dann nicht nur selbst, sondern mit ihnen gilt zugleich auch das, was sich aus ihnen ableiten lässt, als erhaben über alle Prüfung.«


Kritik an Berkeley

Berkeley wird des Öfteren als Vertreter der Aufklärung angesehen, was ich für problematisch halte. Wegen seiner starken Betonung Gottes und seiner Gegnerschaft zum Rationalismus.

Nur durch den Glauben an Gott kommt Berkeley am Solipsismus vorbei. Wenn alle Dinge nur als Wahrnehmungsbündel bestehen, dann auch die menschlichen Körper. Woher soll ich dann wissen, ob in den anderen menschlichen Körpern wie in meinem ein Geist ist?

Man kann nur geben, was man selber hat? Deshalb kann Materie kein Bewusstsein schaffen. Dieses Argument ist mir sehr plausibel und hat mit zu meiner Abwendung vom  Materialismus beigetragen. Näheres in meinem Aufsatz: Kritik des philosophischen Materialismus. Das man nur geben bzw. erzeugen könne, was man selbst habe, stimmt aber nicht immer: Ein Unglücklicher kann anderen Glück geben, bei ihnen Glück erzeugen. Leider können auch Glückliche bei anderen Unglück erzeugen.]

Wie erklärt sich Berkeley Geisteskrankheit? Gott wird ja wohl nicht irgendwelchen Geistern Wahnvorstellungen eingeben. Hat sich da ein individueller Geist von Gott abgekoppelt? Die subjektiven Geister müssen in gewissen Umfang eine Eigendynamik haben.

In der marxistisch-leninistischen Literatur wird (bzw. wurde, kann man inzwischen sagen) Berkeley immer als Begründer des  subjektiven Idealismus bezeichnet. (Auch auf einigen Internet-Seiten.) Das ist aber falsch. Da es nach Ansicht Berkeleys der über den menschlichen Geistern existierende objektive göttliche Geist ist, der die Bewusstseinsinhalte in den subjektiven Geistern erzeugt, ist Berkeley ein ausgemachter  objektiver Idealist. (Für einen Christen selbstverständlich.) Er hat aber viele subjektive Idealisten entscheidend beeinflusst. Der wirkliche subjektive Idealist ist Fichte.

Berkeley war allerdings ein unkonventioneller Christ, da seine Auffassungen auf den Pantheismus oder Panentheismus hinauslaufen. Die Christen gehen für gewöhnlich auch davon aus, dass die Materie, einmal von Gott geschaffen, eine tatsächliche Existenz hat.


Literatur

Literatur: (Auswahl)

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