Thomismus – Thomas von Aquin – Katholische Philosophie

Als Einleitung zu diesem Aufsatz empfehle ich den über die Scholastik.

Thomas von Aquin (1224–1274) war der bedeutendste christliche Theologe und Philosoph des Mittelalters und zusammen mit Augustinus einer der zwei wichtigsten (jedenfalls einflussreichsten) Theologen und Philosophen des Christentums. Er stammte aus neapolitanischem Adel. Mit 20 Jahren trat er in den Dominikanerorden ein. Er studierte und lehrte u. a. in Neapel, Köln und Paris. Er versuchte Glaube und Vernunft, Philosophie und Theologie zusammenzubringen. In diesem Zusammenhang gab es viele Kontroversen mit weltlichen Professoren, den Franziskanern und den Averroisten. Die von ihm geschaffene Philosophie ist bis heute die offizielle Philosophie der katholischen Kirche.

Mit Thomas von Aquin und seinem Lehrer  Albertus Magnus begann Aristoteles der wichtigste Philosoph des Christentums zu werden. (Davor war dies Platon.) Aquin war über weite Stecken Aristoteliker, z. B. in den Punkten Körper und Seele, Empirismus, Verfassung und Aufgabe des Staates, Beweisbarkeit Gottes. Zusätzlich dazu vertrat er aus der christlichen Tradition stammende Auffassungen wie die Dreieinigkeit Gottes, die Bedeutung der Hölle, die (praktizierte) Intoleranz gegenüber anderen Religionen und Philosophien.



Thomismus ausführlicher


Albertus Magnus

Albertus Magnus (Albert der Große, eigentlich Albert von Bollstädt, um 1193–1280) war ein bedeutender deutscher Theologe, Philosoph und Naturforscher. Er lehrte an den Ordensschulen der Dominikaner. Er leistete die Vorarbeit für die Entstehung des Thomismus. Sein Schüler Thomas von Aquin schuf ein geschlosseneres, umfassenderes System, das mit den Grundauffassungen von Albertus übereinstimmt.

Aristoteles: Albertus Magnus war der Erste, der im Mittelalter die aristotelische Philosophie in allen ihren Teilen und dazu noch die zeitgenössischen jüdischen und arabischen Kommentatoren den Menschen in Europa bekannt machte. Dabei hat er die aristotelische Philosophie nicht nur kommentiert, sondern dort, wo nach seiner Auffassung Lücken waren, diese durch eigenes Denken und durch eigene Naturbeobachtungen zu schließen versucht.


Wissen und Glauben

Erkenntnisoptimismus: Für den Thomismus gibt es ein gesetzmäßig geordnetes Reich der Wirklichkeit und die Menschen sind dazu in der Lage, Wissen über sie zu erlangen. Eine objektive Erkenntnis der objektiv existierenden Welt sei möglich.

Gegen Subjektivismus: Die subjektivistische Erkenntnistheorie wird aus zwei Gründen verworfen:

  1. Der Wissenschaft wäre der reale Boden entzogen, wenn sie sich nur mit den subjektiven Befindlichkeiten des Erkennenden befassen könnte. [Dies ist kein Beweis dafür, dass unsere Erkenntnisse mehr sind als subjektive Befindlichkeiten. Dies ist lediglich der Wunsch, es möge so sein. Thomas argumentiert hier wie  Platon gegen die Sophisten.]

  2. Wäre alle Erkenntnis subjektiv, so wäre kein Unterschied mehr zwischen falsch und richtig, da jede Erkenntnis wahr wäre. [Eine Erkenntnis, die bereits der Sophist  Protagoras hatte.]

[Aquins Argumentation gegen den Erkenntnispessimismus und Subjektivismus läuft hinaus auf das Motto: »Und daraus schloss er messerscharf, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.« [1] ]

Übernatürliche Wahrheiten: Seien unsere Erkenntnisse auch objektiv und wahr, so reichten sie doch nicht aus. Im Gegensatz zu den Vertretern der Frühscholastik behauptete Thomas nicht, dass der gesamte Bereich der christlichen Dogmatik vernünftiger Einsicht zugänglich sei. Über den Vernunfterkenntnissen wölbe sich ein Reich übernatürlicher Wahrheiten, zu denen gerade die Geheimnisse des christlichen Glaubens gehörten, z. B. die Schöpfung der Welt aus dem Nichts nach Gottes Willen, die Dreieinigkeit, die Menschwerdung Gott und die Auferstehung des Fleisches. Diese Übernatürlichen Wahrheiten könnten nur gläubig aus der göttlichen Offenbarung entnommen werden.

Kein Widerspruch zwischen Wissen und Glaube: Sei ein Teil des Glaubens auch übervernünftig, so sei er aber doch nicht widervernünftig. Deshalb müssten alle Argumente gegen den christlichen Glauben den obersten Verstandesprinzipien widersprechen und könnten und müssten mit Vernunftgründen entkräftet werden.

Göttliche Offenbarung: Es gebe auch Teile des Glaubens, die mit der Vernunft erkennbar seien. Da aber die Menge aus allerlei Gründen nicht dazu in der Lage sei, seien auch diese Teile des Glaubens Teil der göttlichen Offenbarung.

Aufgabe der Philosophie: Dort, wo die Philosophie den Glauben beweisen könne, mache sie das. Darüber hinaus entkräfte sie die Argumente gegen den Glauben. Darauf müsse sich die Philosophie aber auch beschränken. Man solle nicht den Versuch unternehmen, die übernatürlichen Wahrheiten des christlichen Glaubens mit der Vernunft beweisen zu wollen. Die Auffassung, dass die Philosophie Magd der Theologie sei, ist im Thomismus voll ausgebildet.


Gottes Dasein und Wesen

Gottesbeweise: Zu den Teilen des Glaubens, die vernünftig beweisbar seien, gehöre das Dasein Gottes. Aquin lehnte den  ontologischen Gottesbeweis des  Anselms ab, brachte aber fünf andere Gottesbeweise , die eng zusammenhängen:

  1. Notwendigkeit eines letzten Bewegers, der nicht von etwas anderem bewegt wird.

  2. Notwendigkeit einer letzten Ursache, die nicht von etwas anderem verursacht ist.

  3. Notwendigkeit einer letzten Notwendigkeit, die sich nicht aus einer anderen Notwendigkeit herleitet.

  4. Aus der Stufenfolge, die wir in allem Sein vorfinden würden, ergäbe sich die Notwendigkeit einer ersten Stufe.

    (Die ersten vier sind  kosmologische Gottesbeweise.)

  5. Notwendigkeit eines intelligenten Wesens hinter den (nichtvernünftigen) Naturdingen, das diese auf ihre Ziele hinordnet.

    (Der fünfte ist der  teleologische Gottesbeweis.)

Das Wesen Gottes: Thomas versucht einen Mittelweg zwischen einer vermenschlichten Gottesvorstellung und einer neuplatonischen Auffassung, nach der Gott völlig jenseitig, transzendent und unerkennbar sei. [Das heißt nichts anderes, als dass er, wie die Katholische Kirche bis heute, versucht, es sowohl der Menge mit ihren naiven Gottesvorstellungen, wie auch den Intellektuellen mit ihren etwas höheren Ansprüchen recht zu machen. Und das geht dann natürlich nur auf Kosten der Konsistenz, der inneren Schlüssigkeit der Gottesvorstellung.]


Drei Arten der Gotteserkenntnis:


Mensch und Seele

Seele: Die Seele sei unkörperlich, sie sei reine Form ohne Materie, eine vom Körper unabhängige eigenständige Substanz. Sie sei unzerstörbar und gehe nicht mit dem Körper zu Grunde. Das im Menschen liegende Streben nach Unsterblichkeit könne nicht eitler Trug sein. [Und ob es das kann!] Die Unsterblichkeit der Seele betont Thomas besonders gegenüber den Averroisten, die nur von einen unsterblichen überpersönlichen Geist ausgingen. (Die Averroisten hatten im 13. Jahrhundert an der Pariser Universität einen beträchtlichen Einfluss. Ihnen stellte sich Aquin entgegen. Da Averroës Auslegung des Aristoteles dem christlichen Glauben genauso entgegenstand wie dem islamischen, wurde sie von der Kirche verdammt.)

Denken und Wollen: Der Intellekt sei vornehmer als der Wille. Der Wille sei der Vernunft unterordnet. Er ergreife mit Notwendigkeit das, was die Vernunft ihm als das Beste darstelle. Die Vernunft sei des Menschen Natur. Was gegen die Vernunft sei, sei auch gegen die menschliche Natur.  Trotzdem hat der Mensch nach Aquin Willensfreiheit.

[Wie z. B. bei Spinoza und Kant. Dass der Wille der Vernunft untergeordnet ist, bestreiten z. B. Schopenhauer und Nietzsche. Sehen Sie hierzu den philolex-Beitrag zur Willensfreiheit.]

Passives Erkennen: Im Gegensatz zu den Franziskanern, die sich an Augustinus und an Platon orientierten und einen aktiven Charakter des menschlichen Erkennens behaupteten, war für Aquin Erkennen etwas passives, rezeptives. Erkenntnis bedeute nicht Anteil an den göttlichen Ideen zu haben oder ein Wiedererinnern wie bei Platon, sondern die Verähnlichung des erkennenden Subjekts mit der objektiven Wirklichkeit. Wahre Erkenntnis sei erreicht, wenn der Bewusstseinsinhalt mit der Sache übereinstimme. So formulierte Aquin den klassischen Wahrheitsbegriff der Abendländischen Philosophie: Veritas est adaequatio intellectus et rei. (Sehen Sie hierzu als Kontrast den Wahrheitsbegriff des  Pragmatismus.)

Vom Besonderen zum Allgemeinen: Dass die Erkenntnis nach Aquin doch nicht so passiv ist, kommt zum Ausdruck, bei seiner Darlegung, wie Erkenntnis zustandekommt. Erkenntnisse erhielten wir durch Sinneswahrnehmungen, durch Erfahrung. Aqin vertritt den Empirismus. Die Sinne zeigten uns aber nur die individuellen Einzeldinge. Gegenstand des Verstandes sei die in den Einzeldingen liegende Wesensheit, die »Washeit« (quiditas). Um diese zu erkennen, müssten wir die Phantasie zur Hilfe nehmen. Was dann der Verstand erkenne, sei aber nichts im Menschenkopf gebildetes, sondern auch etwas objektiv existierendes. [Die Verbindung zwischen der quiditas und den im Menschenkopf gebildeten Erkenntnissen bleibt unklar.]

Ein Dreifaches sei dem Menschen notwendig zum Heile:

  1. Zu wissen, was er glauben,
  2. zu wissen, was er verlangen und
  3. zu wissen, was er tun solle.

Willensfreiheit: Die Voraussetzung für sittliches Handeln sei die Willensfreiheit. Auch hier unterscheidet sich Aquin von Augustinus und den Franziskanern.

Tugenden: Die vier griechischen Kardinaltugenden: Weisheit, Tapferkeit, Mäßigkeit und Gerechtigkeit. Zusätzlich die drei christlichen  Tugenden: Glaube, Liebe und Hoffnung.


Politik

Zoon politikon: Auch hier ist die Anlehnung an  Aristoteles sehr stark. Auch für Aquin ist der Mensch ein zoon politikon, ein gesellschaftliches Wesen.

Staat: So wie der Leib des Menschen sich auflösen würde, wenn nicht eine leitende Kraft in ihm vorhanden wäre, so würde sich die Gesellschaft durch die egoistischen Einzelinteressen auflösen, wenn keine Autorität da wäre, der das Gemeinwohl obliege.

Monarchie und Tyrannis: Auch Aquin unterscheidet drei gute Staatsformen – Monarchie, Aristokratie und Politie – von drei Entartungen – Tyrannis, Oligarchie und Demokratie. (Wie  Aristoteles.) Die beste Staatsform sei die Monarchie. (Hier zeigt sich, dass auch  Platon in der Staatstheorie des Thomismus seine Spuren hinterlassen hat.) Der König solle in seinem Reiche das sein, was die Seele im menschlichen Körper und Gott in der Welt sei. Die schlimmste aller Regierungsformen sei die Tyrannis. Sei sie einmal eingetreten, dann sei dem Volke zu empfehlen sich in Geduld zu üben, da eine gewaltsame Veränderung meist noch größeres Übel bringe. [In diesem Lehrsatz liegt wohl einer der Gründe, dass sich die Katholische Kirche mit Befreiungsbewegungen und der Befreiungstheologie so schwer tut und warum noch kein noch so bludrünstiger Diktator von einem Papst exkommuniziert wurde.]

Frieden und Wohlstand: Die Aufgabe des Staates sei es, den Menschen zu einem gerechten und tugendhaften Leben zu führen. Dies werde erreicht durch die Bewahrung des Friedens und durch die Schaffung eines äußeren Wohlstandes.

Kirche und Staat: Das höchste Ziel des Menschen sei aber die Erreichung der himmlischen Seligkeit. Ihn dort hinzuführen, sei nicht die Aufgabe des Staates, sondern die Aufgabe der Kirche, die unter der Leitung der Priester und vor allem des von Christus selbst eingesetzten Stellvertreters Gottes auf Erden, des römischen Papstes, steht. Die Aufgabe der Kirche sei eine höhere als die des Staates. Deshalb müssten die Könige der Welt den Herren der Kirche untertan sein. [Dass dieser Lehrsatz dem Klerus und besonders den Päpsten gefallen hat, ist kein Wunder.]


Außerordentliches psychisches Erlebnis

Gegen Ende seines Lebens, 1273, hatte Aquin ein außerordentliches psychisches Erlebnis. Er stellte daraufhin seine schriftstellerischen Arbeiten ein. Er sagte: »Alles, was ich geschrieben habe, kommt mir vor wie Stroh im Vergleich zu dem, was ich gesehen habe.« (Mit anderen Worten: Wer (nur) Aquins Theorien im Kopf hat, hat Stroh im Kopf ;-)


Die Entwicklung nach Aquin

Der Thomismus wurde die offizielle Philosophie des Dominikanerordens. Die franziskanische Theologie bekämpfte ihn.

1322 wurde Aquin heilig gesprochen. Viele bedeutende Päpste schätzten seine Lehre und setzten sich für sie ein.

Im Jahre 1879 wurde der Thomismus zur offiziellen Philosophie der Katholischen Kirche erhoben.

Bei einer Neuregelung des katholischen Hochschulwesens im Jahre 1931 wurde vom Papst angeordnet, dass Philosophie und spekulative Theologie nach den Grundsätzen des Thomas von Aquin vorzutragen sind.

Im 19. Jahrhundert und 20. Jahrhundert erlebte der Thomismus im Rahmen der Neuscholastik eine Renaissance.


Zitate von Thomas von Aquin

»Jegliche Bewegung setzt ein Unbewegliches voraus.«

»Es ist unmöglich, dass ein Mensch gut sei, außer er stehe in rechtem Bezug zum gemeinen Wohl

»Das ist das Äußerste menschlichen Gotterkennens: zu wissen, dass wir Gott nicht wissen.«

»Die höchste Vollendung des menschlichen Lebens liegt darin, dass des Menschen Sinn ledig sei für Gott

»Erschaffen kommt nur einer unendlichen Macht zu.« [Der Mensch erschafft, ohne eine unendliche Macht zu sein. Z. B. erschuf der Mensch die Bereiche der Philosophie, Wissenschaft, Technik und Kunst.]

»Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen wäre.«

»Je mehr eine  Tugend auf des allgemeine Wohl bezogen ist, um so höheren Ranges ist sie.«

»Die größte Wohltat, die man einem Menschen erweisen kann, besteht darin, dass man ihn vom Irrtum zur Wahrheit führt.«

»Jedes Wesen liebt von Natur auf seine Weise Gott mehr als sich selbst.« [Für alle Lebewesen trifft es nicht zu. Es trifft auch nicht für Milliarden von Menschen zu.]


Kritik am Thomismus

Bei den Gottesbeweisen zeigt sich, wie stark Aquin Aristoteliker war. Wenn man die christliche Einkleidung weglässt, argumentierte er wie Aristoteles.

Zu den ersten vier Gottesbeweisen: Wenn man davon ausgeht, dass die Welt oder das ganze Sein keinen Anfang hat, dann braucht man keinen ersten Beweger, keine erste Ursache, keine erste Notwendigkeit und keine erste Stufe. Ich habe den Eindruck, dass hier zuerst die übervernünftige Wahrheit der Weltenschöpfung aufgestellt wird und anschließend wird daraus vernünftig bewiesen, dass es einen Schöpfer geben muss.

Aber auch wenn man von der Existenz eines ersten Bewegers, einer ersten Ursache, einer ersten Notwendigkeit und einer ersten Stufe ausgeht, ist noch nichts über die konkrete Beschaffenheit eines solchen »Wesens« ausgesagt. (Der Begriff »Wesen« ist schon eine unzulässige Vorentscheidung.) Im Übrigen hätte Gott, wenn es ihn geben sollte, keine erste Ursache, Notwendigkeit etc. Es ist das alte Lied: Wenn man sich die Welt ohne einen Weltschöpfer nicht erklären kann, dann verschiebt man dieses Problem nur um eine Stufe. Schon als kleines Kind habe ich gehört: »Die Welt ist, weil Gott sie gemacht hat.« »Und warum ist Gott?« Meine Mutter: »Das ist uns Menschen verschlossen.«

Der fünfte Gottesbeweis ist ein teleologischer und wie ich meine auch ein durchaus überlegenswerter. (Ich vertrete hier die gleiche Auffassung wie  Hume.) Wenn ich mir die Welt ansehe, ihre große Vielfalt und die Zweckmäßigkeit ihrer Bewegung, dann komme ich zu dem Ergebnis, dass es mir plausibler ist, hinter dieser Vielfalt und dieser Zweckmäßigkeit der Bewegung stecke eine Art  Weltvernunft, als dass diese Vielfalt und Zweckmäßigkeit nur das Produkt von Evolutionsdruck oder ähnlichem sei. Aber dies ist noch lange kein Beweis dafür, dass diese mir plausibler erscheinende Erklärung auch die objektive Wahrheit darstellt. Denn erstens kann ich mich als Individuum ja täuschen (andere Menschen halten andere Erklärungen für plausibel) und zweitens kann es ja auch sein, dass das menschliche Denken insgesamt gar nicht zur objektiven Wahrheit gelangen kann. Wir dürfen eben nicht vom Denken auf das Sein schließen ( Kant), jedenfalls nicht unkritisch, nicht mit der Auffassung, Täuschung sei ausgeschlossen.

Und drittens, selbst wenn es diese Weltvernunft gibt, was ich wie gesagt für plausibel halte, dann ist noch gar nichts genaueres über diese Weltvernunft ausgesagt. Die Christen verlangen aber gerade von einem, dass man über die Annahme einer Weltvernunft hinaus gleichzeitig auch noch ihre übernatürlichen Aussagen über diese Weltvernunft glaubt, wenn man nicht, zur damaligen Zeit jedenfalls, auf dem Scheiterhaufen landen wollte.

Zur Erkenntnis Gottes aus seiner Wirkung in der Natur: Die Natur ist ein großes Restaurant, in dem jedes Lebewesen sowohl Gast als auch die angebotene Speise ist. Die damit verbundene Grausamkeit lässt nicht gerade auf einen »Lieben« eher auf einen »Bösen Gott« schließen.

Aquin hatte eine zu sehr an den Gesetzen der Natur orientierte Vorstellung von der menschlichen Gesellschaft. Der qualitative Unterschied zwischen diesen beiden Seinssphäre scheint im Thomismus noch nicht erkannt zu sein. (Im Unterschied zu Hegel und Nicolai Hartmann um nur zwei der in diesem Zusammenhang wichtigsten Philosophen zu nennen.) Aber wer davon ausgeht, dass die Welt von einem einzigen Gott regiert wird, der braucht soetwas dann auch in der menschlichen Gesellschaft. Dass eine Gesellschaft auch funktionieren kann, sogar besser funktioniert, wenn es nicht nur ein, sondern viele Machtzentren gibt, damit hat die Katholische Kirche bis heute ihre Schwierigkeiten.


Literaturs

Schriften Aquins

Anmerkungen

Anm. 1: »Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.« So dichtete es Christian Morgenstern. Zurück zum Text


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