Martin Heidegger

Martin Heidegger (1889–1976) war ein deutscher Philosoph, Professor in Marburg und Freiburg. Er war einer der bedeutendsten, meistdiskutierten Philosophen des 20. Jahrhunderts und in der Bundesrepublik Deutschland war er in den ersten Jahrzehnten ihrer Existenz über die von ihm beeinflussten Professoren, Gymnasiallehrer etc. wohl der bedeutendste Philosoph überhaupt, was bis in die Gegenwart nachwirkt.

Heidegger war anfängliche (1) Student der katholischen Theologie. Dann wandte er sich der Philosophie zu und wurde (2) stark von der Phänomenologie Husserls beeinflusst, dessen Assistent er zeitweilig war. Er brachte (3) sein Leben größtenteils im Schwarzwald zu. Am Hang des Feldbergs besaß er eine kärgliche Hütte in der er sich gerne aufhielt. Diese drei Punkte machen viele seiner späteren philosophischen Auffassungen verständlicher.

Heidegger war ein führender Vertreter der deutschen Existenzphilosophie. (Umstritten [1].) In seinem Hauptwerk Sein und Zeit fragt er nach dem »Sinn des Seins« und wendet diese Frage so, dass sie zur Frage nach dem menschlichen »Dasein« wird, das von allem sonstigen Seienden unterschieden wird. Er beschreibt viele »Existenzialien«, von denen die »Angst« vor dem »In-der-Welt-Sein« eine der wichtigsten ist. Beim späten Heidegger trat dann das Sein stärker in den Vordergrund und der Mensch wurde durch seine Stellung zum Sein bestimmt, als ein passives, dem Sein untertäniges Wesen. Sartres Existentialismus bezeichnete Heidegger als Irrtum. Wegen seiner kritischen Haltung zur Technik wird Heidegger von einigen Autoren als früher Grüner bezeichnet.

Heidegger spielte während der Nazizeit eine etwas dubiose Rolle. Er und seine Anhänger haben später nie ehrlich und eindeutig dazu Stellung bezogen, sondern sich auf Ausflüchte, Ausreden und Bagatellisierungen beschränkt. Man sollte aber seine Philosophie nicht allein wegen dieses Verhaltens verwerfen, bevor man sie überhaupt kennt. Es ist leider eine bei bestimmten Menschen(gruppen) beliebte Methode, einem missliebigen Menschen, Autor, Politiker etc. bestimmte Dinge zu unterstellen, ihm zu Recht oder zu Unrecht bestimmte Verhaltensweisen anzukreiden und auf diese Weise eine Auseinandersetzung mit seinen politischen, philosophischen etc. Auffassungen zu vermeiden. Wie bei manch anderen Philosophen sollte man auch bei Heidegger die Kritik an seiner Person von der Kritik an seinen Auffassungen trennen. Natürlich geht häufig das Verhalten eines Menschen auch aus seinen philosophischen Überzeugungen hervor und/oder er kann auf grund seiner philosophischen Überzeugung eine gewisse Nähe zu bestimmten Gesellschaftsordnungen haben, ohne diese deshalb in allen Punkten zu befürworten und alle Übertreibungen, Perversionen etc. zu unterstützen. Heideggers Philosophie vor jeder konkreten Prüfung »faschistisch« zu nennen wäre genauso falsch, wie Bloch wegen dessen katastrophaler Fehleinschätzung des Stalinismus zu bescheinigen, er hätte eine »stalinistische Philosophie« entwickelt. Viele bedeutende Philosophen hatten zu bestimmten Aspekten des praktischen Lebens oft eine naive Einstellung. Siehe auch  Naivitäten von Philosophen. [Vorwegnehmend will ich schon hier sagen, dass ich Heideggers Philosophie zu großen Teilen ablehne, aber in keiner Weise erkennen kann, dass diese »faschistisch« sei.]

Heidegger entwickelt nicht nur seine eigene Philosophie, sondern er entwickelt auch seine eigenen philosophischen Fachausdrücke, die vielfach an Hegel erinnern. Wenn man seine Philosophie verstehen will, muss man seine »Sprache« seine Wörter lernen. (Das Gleiche erlebte man schon in etwas geringerem Ausmaß bei seinem »Vorgänger« Husserl und wird es bei seinem »Nachfolger« Sartre erleben. Das erschwert den Zugang. [Diese Philosophen würden wahrscheinlich mehr Menschen erreichen, wenn sie ihre philosophischen Auffassungen – soweit es geht – umgangssprachlich formulieren würden. Dass sie es nicht machen, kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Mangelnde Sensibilität, elitäre Grundeinstellung, die Freude daran Sprachschöpfer zu sein etc. Manch potentieller Interessent wird beim Lesen der Originalliteratur abgeschreckt. Als Anfänger sollte man zuersteinmal didaktisch aufbereitete Einführungen lesen.]


Martin Heidegger ausführlich

 Einige Aspekte der Philosophie Heideggers (Heidegger 1)

 »Heidegger  2«  Meine Kritik an Heidegger
 Kommentare zu Heidegger von anderen Philosophen und Autoren
 Literatur und Sekundärliteratur


Einige Aspekte der Philosophie Heideggers (Heidegger 1)

Heidegger wendet in seinem Hauptwerk Sein und Zeit die von Husserl entwickelte phänomenologische Methode an, die durch die Losung »Zu den Sachen selbst!« gekennzeichnet ist. Man solle sich nicht durch bereits vorhandene  Begriffe, Interpretation, Lehren früherer Philosophen etc. den Blick auf das versperren lassen, was sich aus Sicht des Individuums unmittelbar ereigne, bzw. ihm unmittelbar gegeben sei. [Diese Grundposition halte ich für eine sinnvolle Ausgangsposition für philosophisches Denken. So habe ich es in Meiner Philosophie gemacht.]

Heidegger kritisiert, dass in der rationalistischen Philosophie, z. B. der Descartes', die grundlegende sinnliche Wahrnehmung, bzw. Erfahrung zu Gunsten des rationalen Denkens abgewertet werde. [Anders ausgedrückt: Die Empirie soll gegenüber der Ratio wieder ein stärkeres Gewicht bekommen. Wobei das unmittelbare Gewahrwerden der Existenzialien nicht unbedingt Empirie ist, es geht schon etwas in Richtung Intuition.]

Heidegger unterscheidet zwischen Sein und Seiendem. Das Sein sei der Quellgrund alles Seienden. Den Unterschied zwischen allem Seienden und dem Sein nennt Heidegger die »ontologische Differenz«. [Ich verstehe das so, dass Heidegger hier eine essenzialistische oder substanzialistische Position bezüglich des Seins vertritt. Nach dem Aktualismus bildet die Gesamtheit von allem Seienden das Sein. Für Heidegger ist das Sein Voraussetzung, des es Seiendes geben kann.]

Dass immer nur nach Seiendem und nicht nach dem Sein gefragt würde, bezeichnet Heidegger als »Seinsvergessenheit«. [Schon an dieser Stelle möchte ich einwenden, dass dieser Vorwurf nicht für die deutschen Idealisten zutrifft. Die haben lediglich andere Wörter benutzt. Jedenfalls lege ich sie so aus, besonders Hegel. Siehe weiter unten,  Kritik an Heidegger, Hegel.]

Die abendländische Metaphysik ist seinem Wesen nach Nihilismus, so Heidegger, da das Sein am Seienden nicht beachtet wurde, »mit dem Sein selbst nichts ist«.

Das Sein des Menschen nennt Heidegger Dasein. Die Untersuchung dieses Daseins nennt er »Fundamentalontologie«. Sie bildet den Hauptinhalt von Sein und Zeit. [Die Wortwahl zeigt schon, dass für »Heidegger 1« der Mensch das Fundamentale des Seins ist. Für das (menschliche) Dasein mag die Zeitlichkeit unabdingbare Voraussetzung sein. Damit aber nicht automatisch für das Sein schlechthin.]

Die Frage nach dem »Sinn des Seins« wird bei Heidegger zur Frage nach der Art des menschlichen Daseins, da erst der Mensch das Seiende sei, das die Möglichkeit des Fragens habe. »Der Seinssinn des Daseins ist nicht ein freischwebendes Anderes und ›Außerhalb‹ seiner selbst, sondern das sich verstehende Dasein selbst.« (Zitiert nach Metzler-Philosophen-Lexikon, S. 329.) [Anthropozentrismus! Der »Sinn des Seins« als Ganzes muss nicht übereinstimmen mit dem »Sinn des (menschlichen) Daseins«. Oder gemäß  Hegel, der Weltgeist erkennt sich in seinen jeweiligen Existenzweisen. Nun ist zwar der ganze Mensch Weltgeist, aber der Weltgeist ist mehr als die Menschen und ihre Existenzialien.]

Da Heidegger in der Fundamentalontologie nicht das Sein der Dinge, sondern das Dasein des Menschen untersucht, nennt er seine Grundbegriffe nicht Kategorien, sondern »Existenzialien«.

Die Zeit ist für Heidegger Voraussetzung jeden Seinsverständnisses überhaupt. [Dies ist ein Gegensatz z. B. zu  Platon und  Kant. Auch meine Vorstellung von Sein und Zeit sind anders.]

Zeitlichkeit sei die Grundstruktur des menschlichen Daseins. Der Mensch sei »sich-vorweg«, weil er sich ständig auf seine zukünftigen Möglichkeiten hin entwerfe [kleinere und größere Pläne für die Zukunft macht], er sei »schon-sein-in« weil die Vergangenheit sein gegenwärtiges Dasein bestimme und er sei »Sein-bei«, weil er ständig ihn umgebendes Seiendes vergegenwärtige. [Zeit ist Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und Vergangenheit und Zukunft wirken auf die Gegenwart. Banalitäten. Wenn man sich auf das beschränkt, was man unmittelbar erlebt, dann gibt es allerdings nur Gegenwart. Vergangenheit und Zukunft sind spezifische Formen von Gegenwart. Außerdem sollte man bei Überlegungen über die Zeit auch die Naturwissenschaft, speziell die  Relativitätstheorie berücksichtigen, was Heidegger aber scheinbar nicht macht.]

Da Dasein auch immer auf die Zukunft gerichtet sei, sei es ein permanentes »Noch-Nicht«.

Der Raum ist für Heidegger anders als in der rationalistisch-mathematischen Philosophie kein gleichförmiger geometrischer Behälter, in dem das Dasein der Menschen stattfinde. »Der Raum ist weder im Subjekt, noch ist die Welt im Raum. Der Raum ist vielmehr ›in‹ der Welt, sofern das für das Dasein konstitutive In-der-Welt-sein Raum erschlossen hat.« (Zitiert nach Metzler-Philosophen-Lexikon, S. 330.)

Transzendenz: Anders als bei anderen Philosophen bedeutet dieser Begriff bei Heidegger nicht eine Bezogenheit auf übersinnliche Wesen oder Welten, sondern »dass der Mensch alles Seiende immer schon im Hinblick auf das Sein überstiegen hat, das gleichsam den Horizont alles Verstehens, Fühlens und Erkennens bildet.« (Zitiert nach Weischedel) Existenz sei »Ek-sistenz«, »Hinaus-Stehen«, in das immer schon verstandene Sein.

Wie bei  Kierkegaard [und anderen Vertretern der von mir sog. »AVTer-Philosophie«] [2] ist auch bei Heidegger die Angst der Grundtatbestand der menschlichen Existenz, die Angst ist für ihn das »Hauptexistential«.

Diese Angst entstehe aus der Erfahrung absoluter Verlassenheit und Einsamkeit, sie beziehe sich nicht so sehr auf konkrete Dinge sondern sei eine allgemeine Angst vor dem »In-der-Welt-Sein«, das ein weiteres wichtiges Existenzial sei. Der Mensch sei an einem bestimmten Ort, unter bestimmten Umständen, die er sich nicht ausgesucht habe. Er sei »geworfen in sein Da«. [Zur absoluten Verlassenheit und Einsamkeit kann man u. a. kommen, wenn man im Verlaufe seines Philosophierens zu einen solipsistischen Standpunkt kommt. Viele Menschen fühlen sich nicht einsam und verlassen. Dass wir uns Ort und Umstände unseres Existierens nicht ausgesucht bzw. verschuldet haben, ist eine Möglichkeit.  Karma ist eine weitere Möglichkeit.]

Menschliches Dasein sei »In-Sein«, in einer bereits bearbeiteten, ausgelegten »Um-welt« und es sei »Mit-sein« mit anderen Menschen. [Den Solipsismus scheint Heidegger nicht in Erwägung gezogen zu haben. Schon sein Lehrer  Husserl hatte ihn (mit nicht schlüssigen Argumenten) verneint.]

Mit der Angst zusammenhängend sei ein weiteres wichtiges Existenzial die »Bekümmerung«, oder die »Sorge« und wegen des »Mit-Seins« »Fürsorge« für andere. [3]

Schuldkomplexe: »Das Dasein ist als solches schuldig.« [Die  »Erbsünde« spu(c)kte in seinem Kopf herum.]

Mit dem »In-der-Welt-Sein« hingen drei weitere wichtige Existentialien zusammen: »Befindlichkeit«, »Verstehen« und »Rede«. Der Mensch sei immer in einer bestimmten Weise gestimmt, daraus entwickle sich eine bestimmte Art des Erkennens (Verstehens), das sich dann in seiner Sprache ausdrücke. Wobei Heidegger [ganz undialektisch] behauptet, zwischen dem Menschen und diesen Existentialien gebe es keinen Unterschied. Der Mensch sei nur als Vollzug von »Befindlichkeit«, »Verstehen« und »Rede«. (Siehe auch weiter unten:  Der Mensch ist nur als »Vollzug« intentionaler Akte). [Interessant, dass Heidegger hier einen aktualistischen Standpunkt vertritt. Im Bezogen auf das  Sein vertrat er einen substanzialistischen.]

Der Mensch sei Dasein, dem es immer auch um dieses Dasein gehe. [Mit anderen Worten: Er ist an seiner Existenz interessiert. An seiner Existenz interessiert ist auch schon das Tier, ohne allerdings, dass dort das Wissen um eine spezifische individuelle Existenz vorhanden ist. (Wobei es Ansätze gibt.)]

Individuelle Existenz: Das menschliche Leben habe sein Wesen auch darin, »dass es sein Sein als seiniges zu sein hat«. Unser Dasein ist vor allem »das Seiende, das wir je selbst sind«. [Mit anderen Worten: Um das konkrete individuelle Dasein sollte es gehen, nicht um das allgemein menschliche. Das sagte in ähnlicher Form schon  Kierkegaard. Das von Heidegger zumindest zu Beginn unterstützte nationalsozialistische Regime hatte mit dem jeweiligen individuellen Sein des Einzelnen nun überhaupt nichts am Hut.]

In der Massengesellschaft lebe der Einzelne aber nicht sein Leben. »Das Dasein steht im alltäglichen Miteinandersein in der Botmäßigkeit der Anderen. Nicht er selbst ist, die Anderen haben ihm das Sein abgenommen. ... Diese anderen sind dabei nicht bestimmte Andere. Im Gegenteil, jeder Andere kann sie vertreten.« (Zitiert nach Helferich, S. 299.) Heidegger nennt dieses Herrschaft des »Man«. Menschliches Dasein sei unter diesen Umständen Verfallenheit, uneigentliches Dasein, Uneigentlichkeit. [Mit anderen Worten: Der Mensch lebt kein selbstbestimmtes, selbstgestaltetes Leben. Das in der Gesellschaft allgemein übliche wird übernommen. Hier ist eine Stelle der heideggerschen Philosophie, wo ich noch am ehesten mit ihm übereinstimmen kann. Allerdings nicht, wenn er nun meint ein allgemein gültiges Rezept für »richtiges« Dasein zu besitzen. (Siehe weiter unten   Heideggers Kritik an der Technik.)] Diese Stelle der heideggerschen Philosophie wird von einigen Autoren aber auch ganz anders bewertet, bzw. interpretiert. Der Mensch solle nach Heidegger kein selbstbestimmtes, selbstgestaltetes Leben führen, sondern er solle sein Schicksal erkennen und sich diesem unterwerfen. Nach dieser Interpretation würde sich hier bereits »Heidegger 2« andeuten.

Das Gegenteil sei Eigentlichkeit. Eine Möglichkeit zum »Selbstsein« sei das Bewusstsein um seine Sterblichkeit. Menschliches Dasein sei durch seine Zukunftgerichtetheit letztendlich »Sein-zum-Tode«. Das Sterben könne man sich aber von niemanden abnehmen lassen. [Für mich als Skeptizisten ist es offen, ob der Tod das Ende des Daseins eines Menschen ist.]

Durch dieses »Sein-zum-Tode« sei Existenz »Hineingehaltensein in das Nichts«. (Im Gegensatz zu  Sartre ist für Heidegger der Mensch nicht der Schöpfer des Nichts.

Der Sinn des Seins sei so »zukunftsbezogener Daseinsentwurf« auf den Tod hin. [Grässliche Einstellung! Wenn das tatsächlich der Sinn, gar der einzige Sinn wäre, könnte mir sowohl das Sein wie das Dasein gestohlen bleiben! »Zukunftsbezogener Daseinsentwurf« könnte ich als »Plan zur Befriedigung von Bedürfnissen, die in der Zukunft stattfindet«, interpretieren. Aber nicht der Plan, die Befriedigung von Bedürfnissen und der Prozess der Bedürfnisbefriedigung selbst sind Sinn des menschlichen Seins. Aber möglicherweise bin ich aus Sicht der Heidegger-Fans nur ein platter naiver unsensibler  Epikureer.]

Der Mensch sei nur als »Vollzug« intentionaler Akte. (Über die Intention näheres bei  Husserl.) [Eine dialektische Sicht der Identität und gleichzeitigen Nichtidentität ist mir plausibler. – Selbst wenn man zustimmt, dass der Mensch Vollzug intentionaler Akte ist, ist der Mensch auch nach Form der Dinge. Beispiel: Ein Patient, dem der Blinddarm entfernt wird, ist in diesem Moment nicht Vollzug intentionaler Akte, sondern Objekt des Vollzugs eines intentionalen Aktes eines anderen. – Tiere sind auch bezüglich intentionaler Akte Vorstufen des Menschen. Das ganze Leben, sogar das ganze Sein (allerdings nur so weit, wie es unserem Erkenntnisvermögen zugänglich ist), ist intentional, soweit man das Intentionale vom Bewusstsein trennt. Damit würde Intention allerdings einen anderen Sinn bekommen als in der Phänomenologie Husserls.]


»Heidegger 2«

Nach Heideggers »Kehre« sollte nicht mehr vom Menschen und seinem Seinsverständnis her das Sein gedacht werden – wie in Sein und Zeit –, sondern es sollte nun vom Sein her der Mensch und die endliche Wirklichkeit gedacht werden. Diese »Kehre« wird von vielen Autoren als Abkehr von Subjektphilosophie und von Anthropozentrismus gewertet. Aber auch für »Heidegger 2« spielt der Mensch im Sein eine ganz exklusive Rolle:


Der Mensch ist der Hirte des Seins.


[Wenn das kein Anthropozentrismus ist !!!]

»Technik und Vernutzung«: Technik – Heidegger spricht von »Gestell« – sei das Resultat einer durch die abendländische Metaphysik vorbereiteten Einstellung des Menschen zum Seienden. (»Macht Euch die Erde untertan«, steht in der  Bibel.) Die Welt werde nur noch als Verbrauchs- und »Vernutzungs«gegenstand angesehen. [Zumindest in diesem Punkt neige ich zu einer  historisch-materialistischen Erklärung: Technik ist entstanden als Hilfsmittel zur Bedürfnisbefriedigung und das ist sie bis heute im Wesentlichen. Wenn ich esse oder mir einen Schlafplatz einrichte, »vernutze« ich die Welt bzw. Teile von ihr. Ohne eine solche »Vernutzung« wäre wir nicht existenzfähig. Am Anfang der Technik steht nicht die abendländische Metaphysik, sondern der Affe, der sich mit einem Grashalm Ameisen aus deren Bau angelt. Im Verlaufe der »Überwucherung des Mittels über den Zweck« (siehe  Vaihinger) kann Technik dann allerdings selbst zum Bedürfnis werden. Und wenn bestimmte – besonders gefährliche – Arten von Technik nur noch oder in aller erster Linie das Bedürfnis der Geldgier befriedigen, dann ist das nicht okay. Aber für die Technik, die Industrie schlechthin trifft dies nicht zu.]

Die Technik sei etwas, das dem Menschen vom Sein zugeschickt würde. [Sie ist nach Heidegger also gar nicht unser Verschulden, sie ist unser Schicksal!] Um sich aus dem Banne der Technik zu befreien. empfiehlt Heidegger das sich selbst zurücknehmende, besonnene Bedenken des Seinsgeschickes. [Neben der Technik und der Befriedigung materieller Bedürfnisse sollte der Mensch auch ein geistiges Wesen sein. Das ist für mich aber kein »entweder, oder«, sondern ein »sowohl, als auch«]

Sprache: »Das Wort verschafft dem Ding erst das Sein.« »So ist denn das Sprechen nicht zugleich, sondern zuvor ein Hören.« Der Mensch habe die Sprache dem Sein abgelauscht. Der Mensch als wollendes, aktiv-tätiges Subjekt sollte abgelöst werden durch ein passiv-hörendes, sich zurücknehmendes Wesen, das sich auf das beschränkt, was das Sein [oder eben Gott] ihm zuteil werden lässt.

In der Angst begegneten wir dem Nichts. Wir merkten, dass alles Seiende auch nicht sein könnte. Das Nichts sei ein Geschehen, das den Menschen überkomme, das nicht vom ihm geschaffen sei. (Unterschied zu  Sartre.) Das Nichts sei selbst etwas aktives. »Das Nichts nichtet.« (So ein berühmter, oft zitierter und auch oft kritisierter Satz Heideggers.) Das Nichts sei »der Schleier des Seins«. Hinter ihm und/oder durch ihn hindurch solle/könne das Sein erblickt werden.

»In der hellen Nacht des Nichts der Angst ersteht erst die ursprüngliche Offenbarkeit des Seienden als eines solchen: dass es Seiendes ist – und nicht Nichts.« (Zitiert nach Weischedel) Das Sein habe die gleiche Grundstruktur wie das Nichts. Es sei ein Geschehen, ein Ereignis. Sein sei der Vorgang der »Lichtung«. Sein sei geschehende Unverborgenheit [Sein ist (aktives) Bewusstsein und die konkreten Inhalte des Bewusstseins sind das Seiende. So verstehe ich es. Und da das Sein als aktives ein Subjekt ist – mag Heidegger diese Bezeichnung für das Sein auch hundertmal zurückweisen –, ist es Gott, Weltgeist, Brahman etc. Wo hier der substantielle Unterschied zum  Idealismus vor Heidegger sein soll, kann ich nicht erkennen.]

Der Mensch sei kein Selbstzweck, nichts autoautonomes. Er könne nur in seiner Stellung zum Sein erklärt werden, er sei nur um des Seins willen von Bedeutung, da sich in ihm das Offenbarwerden des Seins vollziehen könne. [ Hegel: Der Mensch weiß von Gott in dem Sinne, dass Gott im Menschen von sich selber weiß. Und Gott ist die Welt, das Sein. Alles Hegel mit anderen Worten.]

Diese »Lichtung« entstehe aber nicht durch eine Aktivität des Menschen, sondern werde ihm vom Sein geschickt. [Im menschlichen Bewusstsein spielt sich ab, was das Sein macht. Der Mensch ist dabei nur ein passiver Lauscher oder Betrachter. Aus einer  historisch-materialistischen Sicht könnte man sagen, dass dieser Quietismus nicht zufällig in Deutschland zu einer Zeit Verbreitung fand, als die Deutschen nach zwei verlorenen Weltkriegen zur weltpolitischen Passivität verband waren, zum Objekt des Handelns anderer wurden. Heidegger wurde auch in Japan stark rezipiert. Ähnliches nationales Schicksal.]

Vor diesem Hintergrund wird dann auch Heideggers oft zitierte Äußerung aus dem Spiegel-Interview von 1966 verständlich:


»Die Philosophie wird keine unmittelbare Veränderung des jetzigen Weltzustandes bewirken können. Dies gilt nicht nur von der Philosophie, sondern von allem bloß menschlichen Sinnen und Trachten. Nur noch ein Gott kann uns retten. Uns bleibt die einzige Möglichkeit, im Denken und im Dichten eine Bereitschaft vorzubereiten für die Erscheinung des Gottes oder für die Abwesenheit des Gottes im Untergang ...«



[Da kommt mir die Galle hoch. Das ist geistiger Dünnschiss aller erster Güte.]


Meine Kritik an Heidegger

Zuersteinmal möchte ich betonen, dass ich Heidegger weder ein fundiertes philosophisches Wissen noch eine große intellektuelle Kraft abspreche. (Aber dies spreche ich auch vielen anderen Philosophen nicht ab, die ganz andere philosophische Auffassungen vertraten.) Doch seine Theorien stehen auf tönernden Füßen, weil sie 1. auf bezweifelbaren Grundpositionen beruhen (z. B.  phänomenologische Methode) und 2. wichtige Bereiche ausblenden (Naturwissenschaft).

Heideggers Philosophie kann Menschen, die sich bisher nicht mit Philosophie beschäftigt haben, für bestimmte – besonders menschliche – (Da)Seinsbereiche und Probleme sensibilisieren. (Dies gilt aber nur für »Heidegger 1«. Von »Heidegger 2« halte ich nichts.) Ich will also nicht behaupten, Sein und Zeit zu lesen, sei völlig wertlos.

Viele Aussagen Heideggers – keineswegs alle – können auch in der Umgangssprache wiedergeben werden. Sie verlieren dann allerdings ihre vorgebliche Tiefe. Ich teile Heideggers Aussagen in vier Gruppen:

1. Aussagen, die – jedenfalls für mich – Banalitäten, Allerweltsweisheiten wiedergeben. Beispiele: Der Mensch ist sterblich. Der Mensch findet sich in einer Lebenslage, die er sich nicht ausgesucht hat. Der Mensch plant seine Zukunft. Der Mensch ist an seiner Existenz interessiert.

2. Aussagen, die subjektive Gemütszustände Heideggers wiedergeben, die wohl auch die subjektiven Gemütszustände vieler anderer Menschen sind, aber keineswegs aller. Gefühle wie Angst und Sorge haben nicht bei allen Menschen eine solche Dominanz im Gefühlsleben wie bei Heidegger.

3. Aussagen, die unbeweisbare Spekulationen über das Sein und anthropozentrische Lächerlichkeiten beinhalten. Beispiele: Das Sein ist Quellgrund des Seienden. Der Mensch ist der Hirt des Seins. Die Sprache ist das Haus des Seins. Das Sein zieht sich vom Menschen zurück.

4. Dunkle oder nebulöse Aussagen, die bestenfalls  Dichtung, aber keine Philosophie sind. Beispiel: »Das Spiegel-Spiel der weltenden Welt entringt als das Gering des Ringes die einigen Vier in das eigene Fügsame, das Ringe ihres Wesens. Aus dem Spiegel-Spiel des Gerings des Ringes ereignet sich das Dingen des Dinges.« (Aus Das Ding, zitiert nach Störig, S. 604) [4]

Heidegger hatte keine skeptische Distanz zur Erkenntnisfähigkeit des Menschen. Daran ändert auch nichts, dass »Heidegger 2« den Menschen zur Passivität verdammt. Sollte es dem Sein gefallen, sich uns wieder zuzuwenden, dann können wir auch verstehen, was es mit diesem auf sich habe. Ein Wahrheitsverzicht wie bei  Popper war für Heidegger völlig undenkbar. Er hatte keine kritische Distanz zu seinen eigenen Überzeugungen. Er war nur ein weiterer Wahrheitsinhaber, wie es vor ihm schon hunderte andere gegeben hat.

Am Beginn der Philosophie sollte die Erkenntnistheorie stehen und die sollte beim heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand auch die Ergebnisse der Hirnforschung berücksichtigen. Philosophisches Denken, ohne jemals über das Organ nachgedacht zu haben, mit dem wir denken, kann ich nicht ernst nehmen.

So sehr ich auch die phänomenologische Methode als eine sinnvolle Ausgangsposition für philosophisches Denken schätze, so halte ich auch die wissenschaftliche und speziell die naturwissenschaftliche Methode für legitime und in unserer heutigen Zeit für unabdingbar. Heidegger dagegen wertet die Naturwissenschaft und die Wissenschaft generell ab. »Dass Wissenschaft überhaupt sein soll, ist niemals unbedingt notwendig« – Aus: Die Selbstbehauptung der deutschen Universitäten. – »Die Geschichte, die Kunst, die Dichtung, die Sprache, die Natur, der Mensch, Gott – bleibt den Wissenschaften unzugänglich ...« – Aus: Was heißt Denken.

So berücksichtigte Heidegger nicht die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse, die auch zu seiner Zeit schon vorhanden waren, wie z. B. die  Relativitätstheorie, die  Quantentheorie oder die  Evolutionstheorie. (Womit ich nicht etwa behaupte, Heidegger haben nicht gewusst, dass es diese Theorien gibt.) Ansonsten könnte er nicht solche Dinge über das Sein und die exklusive Rolle des Menschen in ihm schreiben. Seine Ignoranz in diesem Punkt zeugt von einer – zumindest partiellen – »Seinsvergessenheit« ;-).

Heideggers Philosophie ist vielfach Philologie bzw. Etymologie: Über weite Strecken beschäftigt er sich mit der Auslegung von Wörtern. Da die Sprache nach Heidegger »Haus des Seins« ist, ist ein solches Vorgehen aus seiner Sicht verständlich. Nach meiner Auffassung ist Sprache ein Produkt der Menschen. Nach der Evolutionäre Erkenntnistheorie ist unser Gehirn in Auseinandersetzung mit der realen Welt entstanden und gibt diese zumindest in Teilbereichen richtig bzw. annähernd richtig wieder. So ist auch die Sprache in Auseinandersetzung mit der realen Welt entstanden und gibt Teilaspekte von ihr wieder. Aber das Sein kann in seinen Qualitäten und Quantitäten weit über das hinausragen, was mit menschlicher Sprache aussagbar ist. Im Übrigen haben die Menschen die verschiedensten Sprachen hervorgebracht. Wie hätte Heideggers Philosophie bzw. Philologie ausgesehen, wäre er Chinese gewesen?

Dass Grenzsituationen wie Angst einen Menschen aus einem unreflektierten Dahinleben herausreißen können, dass ist wohl richtig. (Siehe auch  Jaspers.) Viele philosophische Menschen bedürfen solcher Situationen aber nicht, da sie nur durch die Kraft ihrer Gedanken dem unreflektierten Dahinleben entkommen sind.

In seiner Kritik der Technik trifft Heidegger sich mit den Vertretern der Frankfurter Schule. Heidegger und die Vertreter dieser philosophischen Richtung (z. B.  Horkheimer und  Adorno) hatten sonst nicht viel miteinander zu tun und nicht viel von einander gehalten. Gemeinsam ist ihnen aber, dass ihnen die massenhafte Bedürfnisbefriedigung durch die moderne Industrie nicht wichtig war. Sie wollte den Menschen vorschreiben, was richtige Bedürfnisse, wahre Existenz – oder welche Formulierung man auch immer benutzen mag – sind. Da lobe ich mir  Popper, der es dem Einzelnen selbst überlässt, auf welche Weise er sein Glück findet.

Was die Technik und den Menschen als aktives Wesen anbetrifft bin ich absolut konträr zu Heidegger! Die Wissenschafts- und Technikgeschichte der Menschheit ist mindestens ein sehr wertvoller, vielleicht sogar der wertvollste Teil unserer Geschichte.

An vielen Stellen der Heideggerschen Philosophie habe ich an Hegel denken müssen. Wenn ich »Sein« mit »Weltgeist« und »Seiendes« mit den konkreten »Manifestationen des Weltgeistes« gleichsetze, ist Heideggers Philosophie eine Spielart der Hegelschen Philosophie. Ähnlich ist es dort, wo das Sein zum Subjekt wird, wo es sich uns eröffnet oder aber sich von uns zurückzieht. Heidegger hat scheinbar nie den Gottesglauben aufgegeben, so sehr er auch selbst das Sein nicht als Gott verstanden haben wollte. Auch Heidegger wird seine  blinden Flecke für sich und seine Philosophie gehabt haben. Er war einst als Theologiestudent gestartet und ist am Ende seines Philosophierens wieder bei der Theologie angekommen, egal hinter welchen Wörtern er sich das verbarg. Ich ziehe aber die hegelsche Philosophie der heideggerschen vor, besonders wegen der dialektischen Denkweise, die ich bei Heidegger vermisse. (Als eine Sammlung interessanter philosophischer  Hypothesen, nicht etwa als höchstmögliche Existenzform des absoluten Geistes.)

Heidegger ist in vielen Punkten ein inkonsequenter Hegel.



Kommentare zu Heidegger von anderen Philosophen und Autoren

»Kann man als unreine Seele – d. h. als Seele, die ihre Unreinheit nicht spürt und nicht ständig daraus hinausdrängt, sondern gedankenlos im Schmutz fortlebt, – kann man in Unaufrichtigkeit das Reinste sehen?« Karl Jaspers über Heidegger, in einem Brief an Hannah Arendt vom 1. September 1949. Hannah Arendts Antwort vom 29. September 1949: »Was Sie Unreinheit nennen, würde ich Charakterlosigkeit nennen.« Quelle: Uni Marburg

Adorno verachtete Heidegger und hatte nichts als Geringschätzung für dessen »Jargon der Eigentlichkeit«, den er als eine Form der philosophischen Scharlatanerie ansah, die sich selbst als tiefgründige Einsicht ausgibt.

Popper: »Heidegger ist sozusagen der Hegelianer unserer Zeit, der unter anderem auch ein Nazi war. Das schlimmste ist, dass man in Deutschland und in der ganzen Welt, zum Beispiel in Südamerika, Frankreich und Spanien, Heidegger bewundert und nachgemacht hat. (...) Gewöhnlich schreibt er ja Dinge, die man überhaupt nicht versteht, und zwar seitenweise!«

Kurt Tucholsky: »Es gibt keinen noch so blöden, philosophischen, deutschen Schwindel, der dort [Frankreich] nicht schwer begeisterte Adepten fände. Heidegger! Ein Philosoph, der nur aus Pflaumenmus besteht – das ist mal schön! Man versteht kein Wort – he, das ist nicht so, wie bei unsern albern klaren Schriftstellern! Dahinter muss doch etwas sein. Es ist eine Sünde.«


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Literatur, Sekundärliteratur, Internetquellen

Literatur: (Nur eine Auswahl)

Sekundärliteratur

Anmerkungen

Anm. 1: Diese Behauptung ist umstritten. Heidegger selbst lehnte diese Bezeichnung für seine Philosophie ab, da sein Denken sich besonders auf das Sein bezöge. Da das menschliche Dasein für Heidegger einen zentralen Platz im Sein einnahm, halte ich diese Behauptung aber für richtig. Man könnte – analog zu Wittgenstein – von Heidegger 1 (Sein und Zeit – Existenzphilosophie, Untersuchung menschlichen Daseins) und Heidegger 2 (nach der  Kehre stärkere Betonung des Seins) sprechen. Zurück zum Text.

Anm. 2: »AVTer-Philosophie« = Angst, Verzweiflung, Tod. Diese Polemik richtet sich nicht gegen jeden Menschen, der mit Angst, Verzweiflung und Tod zu tun hat. Sie richtet sich nur gegen diejenigen, die in gesicherten materiellen Verhältnissen leben und Angst, Verzweiflung und Tod zu den zentralen Bestandteilen ihrer Philosophie machen. Das sind neben Heidegger z. B. noch  Kierkegaard und  Sartre. Siehe auch  Angst. Zum Vergleich: Popper war in den 20er Jahren als junger Volksschullehrer sehr arm und er musste später immigrieren, da er als Jude und als konsequenter Verfechter von Demokratie und Toleranz von den Nazis umgebracht worden wäre. (Ein Problem, dass der sich so sehr sorgende Heidegger als »Arier« und NSDAP-Mitglied nicht hatte.) Trotzdem spielte in Poppers Philosophie Angst und Sorge bei weitem nicht die Rolle, wie bei den oben erwähnten Philosophen. Zurück zum Text.

Anm. 3: Ich will mich was meine intellektuelle Leistungsfähigkeit und mein Wissen anbetrifft nicht mit Heidegger auf eine Stufe stellen, aber ich möchte hier mal einen Vergleich zwischen seiner und meiner Mentalität aufzeigen: Als ich Meine Philosophie schrieb, da war ich noch Student, bekam aber kein BaföG mehr. Mein einziges Einkommen kam aus Nebenjobs, die ich mir fast immer, wenn das Geld knapp wurde, neu suchen musste. Oft wusste ich nicht, wie ich in den nächsten Tagen Lebensmittel kaufen oder in der nächste Woche die Miete bezahlen sollte. In meinem Tagebuch aus dieser Zeit finden sich Eintragungen wie: »Ich habe noch 13 Pfennig und sieben Kilo Übergewicht«. Als ich mir aber Gedanken machte über die Grundgruppen meiner Erlebnisse und die »negativen Gefühle«, da habe ich »Sorge« und »Angst« schlicht und ergreifend vergessen. Zurück zum Text.

Anm. 4: Als Nicht-Dogmatiker ziehe ich in Erwägung, dass sich hinter diesem Satz irgendeine tiefe Einsicht verbirgt. Um ihn richtig beurteilen zu können, muss man ihn auch in seinem Zusammenhang sehen. Ich weiß ja, dass die von mir geschätzte Dialektik auch von vielen Menschen als »Dummes Zeug« angesehen wird. Da mir fast alles, was ich bisher über Heideggers Philosophie weiß, nicht gefallen hat bzw. ich es für banal halte, und weil es viele interessante Bücher gibt, die ich noch nicht gelesen habe – und auf Grund meiner begrenzten Lebenszeit auch gar nicht alle lesen kann –, werde ich mir nicht die Mühe machen, herauszufinden, ob sich hinter diesem Satz tatsächlich eine tiefe Einsicht verbirgt.
Ich habe Heidegger-Fans kennengelernt, die auf solche Sätze standen. Und wenn man sich etwas mit ihnen unterhielt, dann merkte man, dass es in ihren Gehirnen so nebulös zuging, wie in diesem Satz, dass sie zu rationalen Gedankengängen überhaupt nicht in der Lage waren. (Das will ich aber keineswegs allen unterstellen, die Heidegger schätzen.) Da sage ich mir dann: Über die Vernunft hinaus, okay. Aber nicht hinter die Vernunft zurück! Der analytische Verstand mag ja nicht alles erklären können, aber er sollte deshalb nicht gänzlich aufgegeben werden. Wer geistig nur auf der Ebene solcher Heideggerschen Sätze existiert, ist nach meinem Dafürhalten völlig vertrottelt.
Ich finde es schade, wenn Leute es ablehnen, sich mit Philosophie zu beschäftigen. Wer allerdings Philosophie in der heideggerschen Form kennengelernt hat, dem kann ich es nicht verdenken, dass er damit nichts zu tun haben will. Aber das ist ja nur eine spezifische Form von Philosophie, glücklicherweise nicht die Philosophie. Zurück zum Text.


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